Die LDR (Low Dose Rate) Brachytherapie der Prostata
Wie wird die Seed-Implantation durchgeführt?
Die Planung des Eingriffs
Der optimale Erfolg der Seed-Implantation setzt eine präzise Operationsplanung voraus. Dabei werden die Anzahl, die Aktivität und die spätere Position der Seeds exakt festgelegt. Ausgangspunkt ist eine transrektale Ultraschall-untersuchung, um die Prostata mit Hilfe von Schichtbildern in 5 mm Abständen zu vermessen. Diese Schichtbilder werden in das Dosisplanungsprogramm in einem Computer übertragen, der die Prostata und alle umliegenden Risikoorgane dreidimensional rekonstruiert. Danach berechnet der Arzt mit Hilfe des high-tech- Dosisprogrammes die genaue Anzahl und Lage der Seeds und erstellt schließlich individuell für jeden Patienten einen Bestrahlungsplan.
Die Implantation der Seeds
Am Operationstag wird der anästhesierte Patient in die gleiche Position gebracht wie bei der Operationsplanung. Dadurch wird bei der Implantation eine maximale Übereinstimmung mit den Planungsdaten erreicht. In vielen erfahrenen Zentren wird die Dosisplanung intraoperativ d.h. in einem Schritt zusammen mit der Implantation durchgeführt. Eine Repositionierung des Patienten, die immer schwierig ist, entfällt. Entsprechend des Dosisplans werden die radioaktiven Seeds in Hohlnadeln eingeführt. In Steinschnittlage wird zunächst ein Katheter gesetzt und die Blase mit einem Kontrastmittel gefüllt.
Wie bei der Operationsplanung führt der Arzt die Ultraschallsonde in den Enddarm ein und setzt die so genannte Punktionsmatrix auf das Gerät auf. Dabei handelt es sich um eine Art Navigationssystem, mit deren Hilfe die berechnete Position der Seeds exakt ultraschallkontrolliert auf das Operationsfeld, die Prostata, übertragen werden kann. Nach Fixierung der Prostata führt der Arzt über den Damm eine Seeds beladende Hohlnadel in die Prostata ein. Die Position und Eindringtiefe wird mit dem Ultraschall gesteuert und meistens zusätzlich mittels Durchleuchtung kontrolliert, bevor schließlich mit Zurückziehen der Nadel eine bestimmte Anzahl von Seeds in der Prostata abgelegt wird. Auf diese Weise werden alle Seeds entsprechend dem Dosisplan implantiert.
In allen Operationszentren wird die Seed-Implantation in enger Zusammenarbeit von Urologen, Strahlentherapeuten und Physikern durchgeführt. Dabei stellt der Urologe die Operationsindikation und führt die Vermessung der Prostata durch. Die Dosisplanung ist hingegen die Aufgabe des Strahlentherapeuten und Physiker. Anhand dieser Vorgaben bereitet der Strahlentherapeut die Nadeln mit den Seeds vor. Die Operation wird gemeinsam durchgeführt, wobei der Urologe normalerweise die Implantation vornimmt, während der Strahlentherapeut anhand des Plans die genaue Lage der Seeds vorgibt und überwacht. Am Ende der Implantation misst der Physiker die Strahlung am Patienten, die unterhalb der Freigrenze liegen muss. Bei der ambulanten Therapie wird der Patient noch für ungefähr 2 Stunden überwacht, bis er sich vollkommen von der Narkose erholt hat. Anschließend kann er nach Hause gehen. Am nächsten Tag wird der Patient noch einmal vom Urologen untersucht.
Die Ergebnisse der Seed-Implantation
Die heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten wie verbesserte Qualität des transrektalen Ultraschalls und die computergesteuerte Dosisplanung haben die Methode der Seedimplantation auf ein qualitativ hohes Niveau gehoben. In Jahre 2000 wurden die ersten 12-Jahresergebnisse aus Amerika publiziert, die sehr ermutigend sind. Sie sagen deutlich aus, dass die Seedimplantation und die radikale Prostatektomie vergleichbare Wirksamkeiten über diesen Zeitraum von 12 Jahren haben.
Welche Patienten sind für eine Seed-Implantation geeignet?
Wichtigster Faktor, der darüber entscheidet, ob ein Patient für eine Seed-Implantation in Frage kommt oder nicht, ist das Stadium des Prostatakarzinoms. Ist das Karzinom organbegrenzt, kann es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Seed-Implantation kurativ behandelt werden. Dort, wo das Karzinom die Prostatakapsel überschreitet, kann die alleinige Seed-Implantation jedoch keine Heilung herbeiführen, da die Implantate ihre Radioaktivität nicht in der benötigten Intensität in das benachbarte Gewebe ausstrahlen. Denkbar ist hier eine Kombinationsbehandlung aus äußerer Bestrahlung mit Seeds oder Afterloading. Ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Seed-Implantation ist einerseits ein Karzinom mit organbegrenztem Wachstum und andererseits ein Patient mit einer Lebenserwartug von mehr als 5 Jahren. Im Einzelfall kann darüber jedoch nur im engen Dialog zwischen Arzt und Patient, ggf. nach dem Einholen weiterer Fachmeinungen, entschieden werden.
Risiken und Nebenwirkungen der Seed-Implantation
- Häufig sind örtlich begrenzte Entzündungsreaktionen im Bereich von Prostata und Harnröhre. In der Folge kommt es zu vermehrtem Harndrang, schwachen und unterbrochenen Harnfluß, Brennen beim Wasserlassen oder Blut im Urin. Derartige Beschwerden sind meist nur während der ersten Monate nach der Seed-Implantation ausgeprägt und verschwinden auch in der Regel nach einigen Monaten mit abnehmender Strahlung der Implantate wieder. Patienten, die bereits Probleme beim Wasserlassen vor der Implantation haben, müssen mit einer vorübergehenden Verschlechterung rechnen.
- Bei sehr wenigen Patienten treten Entzündungsreaktionen im Bereich des an die Prostata angrenzenden Darmabschnitts auf. Die Problematik beginnt in der Regel drei bis sechs Wochen nach dem Eingriff und geht mit häufiger Darmentleerung und Missempfindungen einher. Durchfälle im eigentlichen Sinne sind jedoch eher die Ausnahme. Nach alleiniger Seedimplantation geben 2% der Patienten Veränderungen des Stuhlverhaltens an, die sich normalerweise von alleine wieder legen.
- Die Harninkontinenz, d.h. unkontrolliertes Urinträufeln oder völliger Verlust der Blasenkontrolle, ist nach der Seed-Implantation bei Patienten ohne vorherige Prostataoperation sehr selten. Die Rate liegt bei deutlich unter 2 %.
- Die Zahl der Patienten, die innerhalb von zwei Jahren nach der Seed-Implantation über Potenzstörungen klagen, ist deutlich geringer als nach der radikalen Prostatektomie. Beu etwa 25 % der behandelten Männer werden solche Schwierigkeiten beobachtet. Aufgrund später auftretender strahlungsbedingter Schäden sowie dem fortschreitenden Alterungsprozess erhöht sich die Zahl über Jahre hinweg weiter. Fünf Jahre nach erfolgter Seed-Implantation erhöht sich die Rate auf bis zu 50 %. Prostatakarzinom-patienten, die sich vor dem 60. Lebensjahr der Seed-Implantation unterziehen, schneiden erfahrungsgemäß besser ab.